Es ist beschlossen…

Am Dienstag, den 26. März 2019 hat das Europa Parlament die Richtlinie zur Modernisierung des Urheberrechts inklusive der hoch umstrittenen Artikel 11 und 13 verabschiedet1. In der letztendlich beschlossenen Kodifizierung sind die wortgleichen Artikel 11, 12, 13 in die Artikel 15, 16, 17 verschoben worden. Da sich aber in der allgemeinen Diskussion „Artikel 13“ bereits etabliert hat, will ich im folgenden auch die alte Artikel-Nummerierung beibehalten.

Da eine Richtlinie, anders als eine Verordnung (wie beispielsweise die DS-GVO), nicht direkt gilt, hat der deutsche Gesetzgeber nun zwei Jahre Zeit die europäischen Vorgaben in nationales Recht umzusetzen.

F is for Future

F is for Future bringt seit langem wieder die Jugend auf die Straße. Am 23.03.2019 – einem Samstag – waren aber auch rund 40.000 Menschen in München2auf der Straße um unter anderem den „ominösen“ Artikel 13 zu stoppen.

Doch um was geht es hier eigentlich?

Artikel 13 stoppen

Das Urheberrecht ist insgesamt eine sehr dynamische Rechtsmaterie und erfährt regelmäßig – quasi jährlich – Änderungen, soweit nichts Weltbewegendes.

Warum werden aber nun so viele Menschen mobil und gehen aus ihrer Komfortzone raus – am schönen Wetter alleine kann es nicht liegen.

Die derzeitigen Proteste richten sich gegen die geplante Novelle des Urheberrechts, insbesondere gegen Artikel 13 der Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über das Urheberrecht im digitalen Binnenmarkt.

Grundsätzlich hat ein User Lizenzgebühren zu zahlen, wenn er urheberrechtliche geschütztes Material verwendet. Das ist nichts Neues und eigentlich nur fair!

Das „Problem“ liegt in Art. 13 Absatz 4 der Richtlinie. Aus dem Gedanken der „Gefährderhaftung“ heraus soll nun auch der Betreiber von kommerziellen Plattformen für die Urheberrechtsverletzungen von seinen Usern haften, wenn keine ausreichenden Bemühungen unternommen wurden diese Verletzungen zu verhindern.

Auch das ist letztlich nichts Neues, wenn wir beispielsweise an SilkRoad denken. Die Betreiber dieser „Darknet“ Website, über die Drogen, Waffen und sehr viel mehr verbotene Dinge „gehandelt“ wurden, wurde eben auch rechtlich belangt, obwohl sie nicht selber, sondern die Nutzer die verbotenen Dinge gehandelt haben und SilkRoad letztlich „nur“ der technische Marktplatz war. Das Rechtsempfinden der Bevölkerung sieht in der Bestrafung der Betreiber kein Problem – zumindest sind keine 40.000 Menschen in München deswegen auf die Straße gegangen. Zugegeben, die Nutzerzahlen von Youtube sind auch „etwas“ höher als die Nutzerzahlen der SilkRoad.

Wie will sich Youtube und Co schützen?

Zunächst muss klargestellt werden, dass von der Änderung bzw. der Haftung nur „kommerzielle“ Anbieter von Online-Plattformen betroffen sind, dies ist in Artikel 23der Richtlinie geregelt.

Um eine Haftung zu vermeiden „drohte“ Youtube und anderen Plattformen nun mit der Einführung von „Upload-Filtern“ um den Upload von urheberrechtlich geschützten Werken zu verhindern und sich so einer Haftung für Urheberrechtsverletzungen auf ihrer Plattform zu entziehen.

Dieser Schritt ist technisch und wirtschaftlich logisch und soweit auch nicht verwerflich.

Abmahnung und Filter – die heutige Praxis

Wenn heute eine Urheberrechtsverletzung bei Youtube angemahnt wird, muss Youtube bereits heute sicherstellen, dass das urheberrechtliche geschützte Werk zum einen von der Plattform verschwindet, zum anderen aber auch nicht wieder hochgeladen werden kann. Hierzu setzen entsprechende Plattformen bereits heute Filter ein, die auf eine „Blacklist“ zurückgreifen und so sicherstellen, dass ein Upload nicht erfolgen kann.

Was ist Zensur?

Als Zensur4versteht man ganz allgemein die Informationskontrolle, sei es durch staatliche oder private Stellen.

Es sollen also Informationen gezielt unterdrückt und zurückgehalten werden. Wir kennen Zensur aus verschiedenen Diktaturen, wie dem NS-Unrechtsregime, der Nord-Koreanischen Diktatur oder auch in China, aber auch in „westlichen“ Ländern ist wieder vermehrt Zensur in verschiedenen Formen zu beobachten.

Zensur befürchtet

Böse Zungen könnten behaupten, dass die Demonstranten die Interessen der Global-Player wie Youtube und Co vertreten – oder von diesen instrumentalisiert werden. Aber das ist meines Erachtens etwas zu kurz gedacht.

Natürlich profitieren Youtube und Co massiv von den Demonstrationen und einer etwaigen Verhinderung des Artikel 13, aber letztlich profitiert hiervon auch das „freie“ Internet.

Denn ein automatischer Upload-Filter der nach intransparenten Algorithmen die Verbreitung von Daten verhindert kann sehr schnell als Zensur-Mittel verwendet werden.

Die Frage ist also viel mehr ob wir den Betreibern soweit vertrauen können, dass sie das technisch mögliche unterlassen und die Filter rein zur Verhinderungs von Urheberrechtsverletzungen einsetzen.

Meine persönliche Meinung ist hier ganz klar, dass wir das nicht können.

Upload-FAILer

Zu hoffen bleibt, dass die Upload-Filter auf Grund ihrer Fehlerraten nicht eingeführt werden. Denn sofern technisch nicht einwandfrei sichergestellt ist, dass die Filter fehlerfrei funktionieren sind sie eigentlich nicht einzuführen.

Allerdings ist es auch zu kurz gedacht, sich auf die Fehlerhaftigkeit zu verlassen, denn letztlich werden solche technischen Probleme früher oder später gelöst werden.

Die Zukunft des Internets?

Werden die über kurz oder lang kommenden Upload-Filter das Internet wie wir es noch kennen verändern? Ja auf jeden Fall! Und um das Internet als nahezu unbegrenzten Wissensspeicher und Ort der freien Meinungsäußerung zu bewahren, ist es richtig und wichtig für unsere Grundrechte zu demonstrieren.

Sollte das Internet eine solche Einschränkung erfahren, wird es wohl nicht nur in Sachen Klimaschutz zu einem Generationenkonflikt kommen…

Disclaimer:

Dieser Blog-Beitrag stellt keine Rechtsberatung dar, sondern soll lediglich der Meinungsäußerung und Information dienen.

Rechtliche Fragen sollten immer von einem (Fach-)Anwalt im Einzelfall geklärt werden.

Photocredits: Markus Spiske on Unsplash

1https://www.tagesschau.de/wirtschaft/urheberrecht-eu-parlament-103.html(abgerufen am 26.03.2019 – 20: 23 Uhr)

2https://www.sueddeutsche.de/digital/upload-filter-urheberrecht-demo-berlin-1.4380487(abgerufen am 23.03.2019 – 21:15 Uhr)

3http://www.europarl.europa.eu/news/de/headlines/priorities/copyright/20190226IPR28811/reform-des-eu-urheberrechts-ep-rechtsausschuss-billigt-einigung-mit-rat(abgerufen am 24.02.2019 – 13:58)

4https://de.wikipedia.org/wiki/Zensur_(Informationskontrolle) (abgerufen am 24.02.1019 – 13:42 Uhr)